17.01.2020

Erkenntnisse eines ODI Anwenders: ein Interview mit Marco de Polo von Roche Diabetes Care (Teil 1)

Es ist von seltenem Wert, wenn ein Unternehmen offen und ausführlich über die Lernerfahrungen und Praktiken auf seinem Weg zur Kundenzentrierung berichtet. Genau dies hat unser langjähriger Kunde Marco de Polo von Roche Diabetes Care im Gespräch mit Martin Pattera getan. Roche Diabetes Care ist ein weltweit führendes Unternehmen im integrierten Diabetes-Management und entwickelt innovative Technologien und Services, die das Leben von Diabetes-Patienten erleichtern. Im nachfolgenden Interview beschreibt Marco, welche Auswirkungen die Anwendung von Outcome-Driven Innovation® (ODI) auf Unternehmenskultur, Organisation und Strategie von Roche Diabetes Care hatte und erklärt, wie die Produktentwicklungsabteilung, Sales & Marketing und das Top-Management profitierten. Abschließend gibt er praktische Empfehlungen für Unternehmen, die Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® selbst umsetzen möchten.

Vielen Dank Marco, dass du diese wertvollen Erkenntnisse mit unseren Lesern teilst!

Martin: Wie hat die Jobs-to-be-Done Denkweise und der Outcome-Driven Innovation® Prozess Roche Diabetes Care dabei unterstützt, Wachstumschancen aufzudecken?

Marco: In erster Linie half uns JTBD zu verstehen, welche Kundengruppen durch bestehende Angebote ausreichend versorgt sind, welche unterversorgt sind und welche überversorgt sind, d.h. ein Mehr an Leistung erhalten, als sie wertschätzen können. Das erleichterte es uns zu entscheiden, für welches Segment wir Wert schaffen wollen, und es war der Schlüssel, um wichtige Geschäftsentscheidungen schneller und besser treffen zu können.

Welche Geschäftsentscheidungen wurden durch die Erkenntnisse von Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® unterstützt?

Wir verwenden JTBD & ODI, um drei Kategorien von Entscheidungen zu unterstützen. Erstens für Strategieentscheidungen: Die Innovationspotenziale aus Kundensicht helfen uns zu entscheiden, “Where we want to play“, das heißt in welchem Lösungsraum und in welchen Geschäftsfeldern wir aktiv werden wollen, “How we want to play“, das heißt welche Lösungen wir anbieten wollen, und “How we want to win“.

Zweitens unterstützen die ODI Erkenntnisse unsere Produktorganisationen, die Entwicklungspipeline genau auf die identifizierten Innovationspotenziale abzustimmen.

Drittens helfen die ODI Erkenntnisse unseren kaufmännischen Teams, die richtigen Kundengruppen gezielter anzusprechen, indem Positionierung und Messaging geschärft werden; und das hilft unserer Organisation, bestehende Kunden zu halten, aber euch neue Kunden zu gewinnen.

Welche Auswirkungen hatte die Einführung von Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® auf Ihre Produktentwicklung?

Gerade in der frühen Phase der Produktentwicklung investieren Unternehmen oft viel Zeit und Geld in Projekte, die sich später als “Flops“ herausstellen, weil sie kein echtes Kundenbedürfnis erfüllen. Mit JTBD & ODI könnten wir zu einem früheren Zeitpunkt und zielgerichteter entscheiden, in welche Projekte wir investieren sollen. Die größte Auswirkung auf die Produktentwicklung war daher die Straffung und Optimierung der Entwicklungspipeline.

Wie sind die kaufmännischen Abteilungen mit den von Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® gewonnenen Erkenntnissen umgegangen?

Gerade Sales & Marketing haben extrem von JTBD & ODI profitiert. Sie haben einen großen Bedarf nach einer präzisen Definition von Kundenproblemen und Kundenbedürfnissen. Sie wollen verstehen, wann, warum und unter welchen Bedingungen ein Bedürfnis nicht erfüllt ist. Wir stecken viel Aufwand in die Visualisierung des Kontextes rund um einen spezifischen job-to-be-done, zum Beispiel entwickeln wir job- oder bedürfnisbezogene Customer Journeys. JTBD hilft uns zu erkennen, wo sich ein bestimmter job-to-be-done im Fortschreiten einer Krankheit wie Diabetes befindet, und das hilft den kaufmännischen Abteilungen zu entscheiden, wo in der Customer Journey sie die richtigen Segmente für das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt ansprechen müssen.

Wie haben sich Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® konkret auf Geschäftsergebnisse ausgewirkt?

Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten. Es gibt immer mehrere Faktoren, die ein Ergebnis erwirken, und es ist schwierig, den Einfluss eines einzelnen Faktors zu erfassen. Aber eine konkrete Auswirkung von JTBD & ODI, die wir unmittelbar in unserer Organisation sehen, ist die Minimierung von Ineffizienzen. Wir konnten unserer Organisation dabei helfen, die richtigen Prioritäten zu setzen und sich bereits in einer frühen Phase der Produktentwicklung auf die richtigen Lösungen zu konzentrieren – nämlich auf jene Lösungen, die später tatsächlich ein wirtschaftlich tragfähiges Geschäftsmodell liefern.

Neben den Geschäftsergebnissen wollen wir auch über Kultur und Einstellungen sprechen. Meine Frage hier ist: Welche Auswirkungen hatte die Einführung von Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® auf die Einstellungen und auf die Innovationskultur Ihres Unternehmens?

Einer der wichtigsten Effekte war, dass wir innerhalb unserer Organisation ein gemeinsames Verständnis dafür schaffen konnten, was wir unter einem Kundenbedürfnis verstehen. Wir sprechen sozusagen eine “gemeinsame Sprache“, was in der Vergangenheit oftmals nicht der Fall war. Ich sage immer: “Wie kann ein Unternehmen Wert schaffen, wenn nicht klar definiert ist, was ‘Wert‘ eigentlich bedeutet?“ JTBD hilft uns dabei, eine gemeinsame Definition dafür zu finden, was ein Kundenbedürfnis ist und wann ein Bedürfnis erfüllt oder nicht erfüllt ist. Die Denkweise hilft auch zu verstehen, anhand welcher Kriterien Kunden “Wert“ messen und in der Folge zu erkennen, ob und wie wir wichtige Kundenprobleme adressieren können.

Es geht also wirklich um Sprache und um ein gemeinsames Verständnis in der Organisation! Entscheidend ist auch, sich nicht darauf zu fokussieren, was unsere Kunden heute tun, sondern zu verstehen versuchen, was sie letzten Endes erreichen und/oder vermeiden wollen.

Wie hat Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® die Art und Weise, wie Sie Entscheidungen treffen, verändert?

Es gibt zwei verschiedene Arten, Entscheidungen zu treffen: Entscheidungen auf Basis von Daten und Fakten versus Entscheidungen auf Basis von Meinungen und Gefühlen. Wir haben viele Fachexperten in der Organisation im Hinblick auf Technologie und kommerzielle Geschäftsmodelle. Aber am Front-End, wenn es darum geht, Kunden zu verstehen, ist es schwieriger, Daten und Fakten zu generieren. JTBD & ODI hilft uns, Kennzahlen zu identifizieren, mit denen wir Kundenbedürfnisse messbar machen können. ODI ist eine Methodik, die einen qualitativen Teil, gefolgt von einer quantitativen Validierung, umfasst. Der jeweilige “job-to-be-done“ und die erfüllten und unerfüllten Kundenbedürfnisse werden also zu einem gewissen Grad validiert. Als Konsequenz haben wir mehr Vertrauen in unsere Entscheidungen.

Wie verbinden Sie die Erkenntnisse aus einem ODI Projekt mit bereits in Ihrer Organisation vorhandenem Wissen über Kunden und Kundenbedürfnisse?

Wir haben in den letzten Jahren unterschiedliche Methoden angewandt, um Erkenntnisse über Kunden und Kundenbedürfnisse zu gewinnen, und haben dabei jede Menge Wissen gesammelt. Die Frage, mit der ich in diesem Zusammenhang oft konfrontiert werde, ist: “Brauchen wir wirklich noch mehr Wissen über Kunden?“ Es stimmt, dass wir bereits viel recherchiert haben, aber wenn man sich die Ergebnisse ansieht, erkennt man schnell, dass wesentliche Parameter nicht vergleichbar sind. Deshalb arbeiten wir gerade daran, die Konsistenz unserer Marktforschungsansätze zu verbessern. Wir müssen in der Lage sein, Innovationspotenziale über unterschiedliche Stakeholder hinweg zu erkennen, z.B. Kostenträger, Angehörige des Gesundheitswesens, Patienten, Pflegekräfte usw. Das ermöglicht uns zu verstehen, was die Innovationspotenziale des gesamten Ökosystems sind, d.h. die erfüllten und unerfüllten Bedürfnisse, die von mehreren Stakeholdern geteilt werden. Es ist wirklich wichtig, das genau zu verstehen, wenn wir neuen Wert schaffen wollen.

Sehen Sie Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation® als einen Ansatz für eine bestimmte Phase des Innovationsprozesses, wird der gesamte Prozess abgedeckt?

Für mich ist JTBD & ODI eindeutig ein universeller Ansatz, der über den gesamten End-to-End Prozess hinweg angewendet werden kann; beispielsweise im Front-End, wenn wir uns fragen, für welche Kunden wir welche Probleme lösen wollen, oder in der Entwicklungsphase, wenn wir Produkte und Services gestalten, aber auch bei der Entwicklung von neuen Geschäftsmodellen. JTBD & ODI liefert also wirklich den Input für den gesamten End-to-End-Prozess, und ist anschließend auch für die Vermarktung wesentlich. Ich glaube also nicht, dass ODI auf eine Phase des Innovationsprozesses beschränkt ist.

Haben Sie Erfahrung mit radikalen oder disruptiven Innovationserfolgen im Zusammenhang mit Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation®?

Radikale Innovationen bei Roche Diabetes Care gehen oft mit technologischen Innovationen einher. Aber auch unsere kaufmännischen Abteilungen, die sehr nah am Markt sind, erforschen wirklich disruptive Geschäftsmodelle. Das ist sicherlich ein Bereich, in dem uns JTBD & ODI hilft, zu erkennen, wo Innovationspotenziale liegen. ODI liefert uns zumindest Ansatzpunkte zu den ungefähren Richtungen, in die sich radikale Innovationen bewegen können.

Vielen Dank Marco für diese Einblicke!

Der zweite Teil dieses Interview-Blogs beschäftigt sich mit Fragen rund um die organisationale Verankerung von Jobs-to-be-Done und Outcome-Driven Innovation®. Marco beschreibt, wie die oberste Führungsebene von Roche Diabetes Care JTBD & ODI unterstützt und er erklärt, welche Rollen das Unternehmen neu definieren musste, um das Potenzial dieses Ansatzes voll ausschöpfen zu können. Als Abschluss teilt er seine Zukunftsvision vom Gesundheitsmarkt. Bleiben Sie dran!

Marco ist auch einer unserer Speaker am 2nd JTBD SUMMIT EUROPE. Dort wird er eine Keynote zum Thema “Outcome-Driven Innovation Applied to Strategy – An Opportunity Driven Approach and Process to Strategy Development“ halten. Sehen Sie hier das vollständige Programm auf unserer Eventwebseite. 

Roche & Edizon: How the customer's JTBD accelerates decision making from strategy to product launch

Hören Sie sich die Case Study mit Martin Pattera von Edizon und Marco De Polo von Roche an. Dieser Track-Talk wurde am Innovation Roundtable® Summit 2018 in Kopenhagen aufgezeichnet (Englisch).

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