13.07.2020

Groß denken im Zeitalter der Digitalisierung...

Wie Banken ein einzigartiges Wertangebot kreieren
 
Es gab schon mal bessere Zeiten für Banken. Nicht erst durch Covid-19, schon seit der Finanzkrise im Jahr 2008 weht im Finanzsektor ein rauer Wind. Eine Haupteinnahmequelle der Finanzdienstleister verliert zunehmend an Bedeutung: mit niedrigen oder sogar negativen Zinsen kann kein Geld verdient werden. In einem zunehmend hart umkämpften Umfeld ringen Banken und agile Fintechs darum, in der digitalen Transformation die Nase vorn zu haben.
 
Ein wichtiger Leistungsindikator im Bankbereich ist die Eigenkapitalrendite. Wie eine Studie zu führenden europäischen Banken zeigt, lag dieser Indikator im Jahr 2018 durchschnittlich auf einem bereits relativ niedrigen Niveau von 7,2 Prozent. Erhöhte regulatorische Anforderungen (Basel IV) und der wirtschaftliche Abschwung in Folge von Covid-19 werden die bereits bestehenden Gewinnlücken noch vergrößern. Doch dem nicht genug: Agile Fintechs versuchen zunehmend, das beste Stück des Kuchens zu erwischen. Für die ehemals glänzenden Institutionen Banken bedeutet das, dass sie gezwungen sind, ihre Einkommensquellen zu überdenken.
 
Das digitale Bankwesen hat sich zu einem hart umkämpften Markt entwickelt
In der Hoffnung, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden, haben die etablierten Banken damit begonnen, digitale Services zu entwickeln, um ihre Kunden und ihr Geschäft an sich zu binden. Doch inzwischen ist auch der Markt für digitale Finanzlösungen bereits stark gesättigt, wie das Beispiel von Vivid Money zeigt: Vivid Money, ein neuer russischer Marktteilnehmer in Westeuropa, wird seine Expansion auf nur wenige westeuropäische Länder konzentrieren und dem britischen Markt gänzlich fernbleiben, da dort bereits ein zu starker Wettbewerb unter den etablierten digitalen Bankanbietern herrscht.
 
Wachstumsverantwortliche und Geschäftsstrategen von Banken haben in den letzten Jahren viel Zeit und Geld investiert, um die Bedürfnisse ihrer Kunden im Zusammenhang mit ihren (bestehenden) Leistungen besser zu verstehen. Die daraus resultierenden Innovationen waren überwiegend inkrementell. Girokonten wurden beispielsweise digitalisiert, und die Verbesserung der Benutzererfahrung ist zu einer täglichen Aufgabe in der Branche geworden. Trotz dieser Bemühungen schaffen es Finanzdienstleister oft nicht, ihren Wettbewerbern voraus zu sein und eine überlegene Position über einen längeren Zeitraum beizubehalten.
 
Die Herausforderung besteht darin, ein einzigartiges Wertangebot (USP) zu schaffen
Aus unserer Sicht greifen diese Bemühungen zu kurz. Die Einzigartigkeit jeder dieser Services geht aus Sicht des Kunden verloren, wenn Alle unter nahezu gleichen Bedingungen und in den gleichen Kontexten anbieten. Um dauerhaft erfolgreich zu sein, müssen Banken ein einzigartiges Wertangebot schaffen: das “next big thing“, das Kunden wirklich begeistert.
 
Ein Wertangebot kann eine Dienstleistung, ein Produkt, eine digitale Plattform oder eine Kombination davon in einem Geschäftsmodell sein. Genau genommen ist ein Wertangebot jede Art von Lösung für ein bestehendes und somit untererfülltes Kundenbedürfnis. Es kann nur auf der Grundlage eines klaren Verständnisses der Kunden und ihrer spezifischen Bedürfnisse geschaffen werden. Aber wie können Unternehmen dieses klare Verständnis gewinnen und ihre Strategie bzw. ihre Produkt- und Dienstleistungsinnovationen darauf aufbauen?
 
Jobs-to-be-Done (JTBD) ist eine kundenzentrierte, datenbasierte Methode zur Strategie- und Innovationsentwicklung, die Unternehmen bei der Schaffung eines einzigartigen Wertangebots unterstützt. JTBD verknüpft kundendefinierte Beurteilungskriterien mit Aufgaben, die diese erledigen wollen – kurz “jobs that need to get done“. Wenn Sie einen Markt durch Jobs-to-be-Done Brille betrachten, sieht alles anders aus. Die Analyseeinheit ist nicht mehr der Kunde oder das Produkt – es ist die dahinterliegende funktionale Aufgabe, ein Ergebnis, das ein Kunde zu erreichen versucht.
 
Der Startpunkt für die Schaffung eines USPs: der übergeordnete Job-to-be-Done
Was ist der “Job“, den Menschen erledigen wollen, wenn es um ihre Finanzen geht? Klar, es gibt ganz unterschiedliche verschiedene Aufgaben und Ziele, die Menschen im Hinblick auf ihre Finanzen haben: Einkäufe und kleinere Investitionen tätigen, die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren, die Zeit nach der Pensionierung finanziell absichern, um nur einige Beispiele zu nennen.
 
Wenn wir aber eine allgemeinere und strategische Perspektive auf diese verschiedenen “Jobs“ einnehmen, so stellen wir fest, dass all diese Anwendungen auf einen übergeordneten, das heißt allgemeineren Job-to-be-Done hinzielen: Menschen wollen ihre persönlichen Finanzen verwalten. Das gilt für jeden vorher beschriebenen Anwendungsfall oder Kontext. Was das Ganze für Finanzdienstleister interessant macht: Viele Menschen haben die Probleme damit oder empfinden es mühsam, diesen “Job“ erfolgreich zu erledigen, wie beispielsweise dieses Video zeigt.
 
Jeder denkbare “Job-to-be-Done“ kann gemäß dem “Universal Job Map-Konzept“ in die gleichen allgemeingültigen logischen Komponenten untergliedert werden (mehr über die Universal Job Map erfahren Sie im HBR-Artikel von Tony Ulwick). Eine Job-Map strukturiert einen Job-to-be-Done entsprechend dem Idealbild; sie zeigt, wie die entsprechende Aufgabe in einer idealen Situation erledigt würde. Damit ist sie ein Zielmodell, das erstens langfristig gültig und zweitens unabhängig von bestehenden Lösungen (d.h. Produkte und Services) ist. Und genau das macht sie so wertvoll für Strategie und Innovation.
 

Die “ideale“ Job Map für den Job-to-be-Done “Persönliche Finanzen verwalten“ könnte beispielsweise wie folgt aussehen:

  1. Die finanziellen Ziele festlegen. In einer idealen Welt würden Menschen genau bestimmen können, was sie in Bezug auf ihre persönlichen Finanzen erreichen wollen. 
  2. Informationen zu Alternativen sammeln. Im Idealfall wäre Jeder in der Lage, alle notwendigen Informationen zu den unterschiedlichen Möglichkeiten, wie die gesetzten finanziellen Ziele erreicht werden können, zu finden und rasch abzurufen.
  3. Einen persönlichen Finanzplan erstellen. Unter idealen Umständen wären Menschen in der Lage, die ermittelten Alternativen in einen individuellen Plan zur Erreichung ihrer finanziellen Ziele einfließen zu lassen. Der Haken daran ist: Niemand bastelt gerne alternative Lösungen zusammen, denn Menschen bevorzugen One-Stop-Shop Lösungen.
  4. Alternativen priorisieren und auswählen. Im Idealfall wären Menschen in der Lage, die identifizierten Alternativen dahingehend zu bewerten, inwieweit diese die finanziellen Ziele tatsächlich erreichen können (denken Sie an Risikominderung). Sie würden gut informierte Entscheidungen treffen, bevor sie ihre Pläne ausführen.
  5. Den persönlichen Finanzplan umsetzen. In einer idealen Welt würde man den erstellten Finanzplan wie vorgesehen umsetzen. Dieser würde ganz unterschiedliche “Anwendungsfälle“ einschließen und damit auch unterschiedliche Finanzdienstleistungen umfassen.
  6. Die persönlichen Finanzen kontrollieren. Im Idealfall könnte Jeder zu jeder Zeit seine finanzielle Situation vollständig überblicken. Menschen würden sofort erkennen, wann ihre Finanzen von den ursprünglichen Plänen abweichen und sie könnten die möglichen Folgen detailliert und rechtzeitig einschätzen.
  7. Den persönlichen Finanzplan anpassen. Idealerweise würden Menschen nicht nur sofort erkennen, wenn ihre finanzielle Situation aus dem Ruder zu laufen droht. Sie wären auch in der Lage, rasch umsetzbare Handlungsoptionen zu identifizieren, um ihre gesetzten Ziele auf alternativem Weg zu erreichen; oder wenn dies nicht möglich ist, die Ziele entsprechend anzupassen.
  8. Einzelne Etappen des Finanzplans abschließen. In einer idealen Welt würden Menschen bestimmte Elemente ihrer persönlichen Finanzen vollständig und aufgeräumt abschließen, z.B. die Finanzierung der Ausbildung von Kindern oder die finanzielle Sicherung des Ruhestands. Dieser Schritt könnte das Führen von Aufzeichnungen, die Weitergabe von Fachwissen usw. umfassen.
 
Die Vision: Ein Angebot, das den übergeordneten Job-to-be-Done vollständig abdeckt
Betrachtet man die Finanzbranche mit Hilfe der Job Map aus der Perspektive des übergeordneten Job-to-be-Done, so erkennt man, dass es derzeit viele Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt gibt, die den einen oder anderen Aspekt bedienen. Aus der Perspektive eines Kunden bedeutet dies, dass er unterschiedliche Angebote bzw. unterschiedliche Lösungen selbst zusammenstellen muss, um den JTBD “Persönliche Finanzen verwalten“ erfolgreich erledigen zu können. Das ist mühsam und macht die Aufgabe für den Kunden komplex.
 
Die Vision für Finanzdienstleister muss darin bestehen, Menschen dabei zu helfen, den JTBD “Persönliche Finanzen verwalten“ mit einer einzigen Lösungsplattform vollständig zu adressieren und damit alle Schritte der oben beschriebenen Job Map abzudecken – und das besser und für den Kunden günstiger, als die aktuell vorhandenen Lösungen dies können. Wenn ein Finanzunternehmen das schafft, dann hat es einen echten USP, ein einzigartiges Wertangebot kreiert.
 

“Nette Idee“, denken Sie nun vielleicht, “aber wie soll ich das in die Realität umsetzen?“ Hier ein kurzer Überblick, wie Sie diese Denkweise in Ihre Wachstumsstrategie einfließen lassen können:

  1. Decken Sie die Bedürfnisse Ihrer Kunden im Zusammenhang mit jedem der Schritte des JTBD “Persönliche Finanzen verwalten“ mittels strategischer Marktforschung auf.
  2. Lassen Sie eine gültige Stichprobe von Kunden jeden Schritt des Job-to-be-Done und die mit diesem verbundenen Bedürfnisse bewerten: nach Wichtigkeit und der aktuellen Zufriedenheit, und zwar unabhängig von der verwendeten Lösung.
  3. Identifizieren Sie jene Job Steps und Kundenbedürfnisse, die für eine große Zahl von Kunden sehr wichtig sind, aber aktuell nicht zufriedenstellend erledigt werden können. Finden Sie darüber hinaus mit statistischen Methoden verborgene Kundensegmente mit einzigartigen Anforderungsprofilen.
  4. Stellen Sie wichtige und unerfüllte Kundenbedürfnisse den strategischen Fähigkeiten und den strategischen Ambitionen Ihres Unternehmens gegenüber.
  5. Entwickeln Sie eine langfristige, visionäre Wachstumsstrategie, die sicherstellt, dass Kunden den gesamten Job-to-be-Done auf einer Wertschöpfungsplattform erledigen können. Diese Lösung wird in Ihrem Markt einzigartig sein und die Kunden begeistern.
 
Was halten Sie von diesen Gedanken, um das “next big thing“ der Finanzbranche zu entwickeln? Sehr gerne würden wir uns mit Ihnen dazu austauschen! Rufen Sie uns an oder nehmen Sie unserer JTBD VIRTUAL MASTER CLASS BASIC im September teil.
 
Für mehr Inspiration lesen Sie unseren weiteren Blog Artikel über die Finanzbranche:  Escaping the commodity trap in Financial Services (Englisch).
 
 

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